Beitrag vom 08.07.2021 (Lesezeit: ca. 5 Min.)

Der unbekannte Soldat und sein Fotograf – Teil 2

Spuren eines Fotografen

Die Spur zum Fotografen beginnt mit einem kleinen Aufdruck.

Er steht auf der Rückseite einer Fotopostkarte, die vorne einen jungen Soldaten zeigt (siehe Blogbeitrag vom 25.06.2021). Meine Hoffnung: Vielleicht kann ich etwas über den Soldaten herausbekommen, wenn ich mehr über den Fotografen weiß.

Also recherchiere ich im Netz. Eine erste Suche bei Tante Google erbringt zu „W. Lutkah“ keine brauchbaren Treffer. Zufällig werde ich dann doch noch fündig. In der Datenbank meines Vereins CompGen (Verein für Computergenealogie) finde ich ein Fotostudio namens „Walter Lutkat“ in Insterburg (hier). Ein einfacher Druckfehler im Werbeaufdruck also! Nichts Ungewöhnliches für Familienforscher.

Beim zweiten Versuch mit Google erhalte ich zu Walter Lutkat nun eine ganze Reihe von Treffern! Einige Portraits, die Lutkat fotografiert hat, werden online zum Verkauf angeboten. Kurz entschlossen erwerbe dieses Foto:

Es trägt den Verkaufstitel „Fräulein in zeitgenöss. Garderob.“ und ist laut Notiz auf der Rückseite 1914 aufgenommen. Sofort fällt mir das Tischchen am linken Bildrand auf. Das ist doch dasselbe wie auf dem Foto mit dem Soldaten. Und auch der Vorhang im Hintergrund scheint derselbe zu sein. Das Bild ist also im selben Raum aufgenommen. Mich faszinieren vor allem das minimalistische Ambiente des Raumes und die Körperhaltung der Portraitierten. Beides zusammen lässt beide Fotografien fast wie zufällige Momentaufnahmen und nicht wie gestellte Portraits wirken.

Und dann stoße ich im Netz auf eine echte Überraschung: Ein Foto von Walter Lutkat, das offenbar 2016 versteigert wurde. Titel des Bildes: „Der Glasraum, Wohnbereich mit Bücherwand in der Werkbund-Ausstellung ‚Die Wohnung‘, 1927“ (aus Urheberrechtsgründen hier nur der Link).

Wie ich später recherchiere, handelt es sich um ein Wohnzimmer-Arrangement des Architekten Mies van Rohe. Er hat es als Teil eines Hauses in der Weissenhof-Siedlung in Stuttgart gestaltet. Das Haus und die Weissenhof-Siedlung wiederum waren Bestandteile der Stuttgarter Werkbund*-Ausstellung von 1927 (wie schon der Bildtitel besagt). Nach intensiverer Recherche finde ich noch weitere Verbindungen von Walter Lutkat zu der Ausstellung. So hat er z.B. auch eine Musterküche von Erna Meyer und Hilde Zimmermann in derselben Ausstellung fotografiert (hier).

Ich frage mich, wie Walter Lutkat von der Portrait- zur Architekturfotografie gekommen ist. Wie war seine Beziehung zu den Vertretern der Neuen Sachlichkeit (Werkbund)? Waren die Fotos von der Ausstellung 1927 ein einfacher Dokumentationsauftrag? Oder kannte er Mies van der Rohe und die anderen Architekten persönlich?

Die Portraits, die ich von Lutkat besitze, könnten mit ihrer schlichten Ausstattung vielleicht auf eine künstlerische Verbindung hindeuten. Aber hier sind wir bereits auf dem Pfad der Spekulation…

Ich besinne mich wieder auf den eigentlichen Grund meiner Beschäftigung mit Walter Lutkat. Über ihn wollte ich doch an mögliche Informationen zu dem abgebildeten Soldaten kommen. Die künstlerische Analyse wird mir da wohl nicht helfen. Vielleicht sollte ich versuchen, den Lebensweg von Walter Lutkat zu erkunden, um mögliche Nachkommen (und ggf. ein Archiv oder einen Nachlass) zu finden?

Dazu mehr in meinem nächsten Blog-Beitrag.

Fortsetzung folgt…

* Deutscher Werkbund e.V. (DWB). 1907 gegründete „Vereinigung von Künstlern, Architekten, Unternehmern und Sachverständigen“, unter anderem waren die bekannten Architekten, Ludwig Mies van der Rohe, Walter Gropius und Marcel Breuer hier Mitglied. Viele der Mitglieder waren Anhänger moderner Kunst- und Architekturströmungen, wie der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Bauens. Es gab enge Verbindungen zum Bauhaus.

Und Ihre Geschichte?

Auch Ihre Familiengeschichte ist spannend!

Ich erforsche sie und finde die interessanten Stories.

Interessiert?