Beitrag vom 12.02.2022 (Lesezeit: ca. 3 Min.)

Wie kam Sophie zu seinem Namen?

Oder: Genau lesen hilft!

Ich bin mitten in der Recherche zu einem Auftrag.

Auf der Suche nach den Vorfahren einer Kundin. Routiniert durchforste ich die Trefferliste für den Familiennamen Schoemann in einer bekannten Datenbank. Nichts deutet auf eine Überraschung hin: Karl Fritz Schoemann, Carl Schoemann, Johann Carl Schoemann, Sophie Georg Friederich Carl Schoemann, Johannes Georg Hermann Karl Ludwig Schoemann … – Moment mal! Wie war das im Mittelteil?

Sophie Georg Friederich Carl Schoemann???

Was haben denn wir hier? Eine Frau mit drei weiteren Männervornamen? Ein Mann mit einem Frauennamen als ersten Vornamen? Und natürlich denke ich sofort an den Johnny-Cash-Hit „A Boy Named Sue“ von 1969. Oder vielleicht eine bi-/trans-/intersexuelle Person, die das durch ihren Namen ausdrückt? Vielleicht, aber Sophie Georg Friederich Carl ist laut Listeneintrag um 1846 geboren und 1916 in Danzig gestorben. Das wäre dann allerdings sehr fortschrittlich! Allerdings: Zumindest von katholischen Gegenden ist mir durchaus bekannt, dass „Maria“ als Zweit- oder Drittname für Jungen nicht unüblich war und noch ist. Warum also sollte der umgekehrte Fall nicht auch vorgekommen sein?

Auf jeden Fall ist meine Neugier geweckt. Welche spannende Geschichte mag wohl hinter diesem Listeneintrag stecken?

Obwohl Sophie Georg Friederich Carl nicht der Schoemann ist, den ich suche, muss ich der Sache auf den Grund gehen. Ich sehe mir also das digitalisierte Dokument genauer an.
Es ist ein Eintrag im Sterbebuch des Standesamtes Danzig I vom 2. Oktober 1916. Eine Frau Margot Schoemann gibt den Tod ihres Ehemanns zu Protokoll. Und dann muss ich – trotz dieses an sich traurigen Sachverhaltes – plötzlich laut lachen! Da steht des Rätsels Lösung: Der Verstorbene war wohl weder intergeschlechtlich noch trug er einen weiblichen Heiligennamen. Ein einfacher Übertragungsfehler bei der Registrierung seines Namens schenkte ihm den zusätzlichen Vornamen „Sophie“!
Eigentlich heißt der Tote Georg Friederich Carl Schoemann und war „Doktor der Philosophie“. Der Standesbeamte trennte im Sterbeeintrag das Wort Philosophie nun genau in seiner Mitte, denn die Zeile war zu Ende. Und schwups! Auf die nächste Zeile schrieb er das Wortende „sophie“. Direkt danach folgte der Name des Verstorbenen.

Beim oberflächlichen Lesen ergibt sich so „Sophie Georg Friederich Carl Schoemann“. Natürlich nur, wenn man das Trennungszeichen nach „Philo“ ignoriert (damals ein Doppelpunkt anstatt des heutigen Striches) und auch die offensichtliche Kleinschreibung von „sophie“ übersieht.

Was lernt uns das? Familienforschung hält immer wieder Unerwartetes für uns bereit. Und bei der Recherche ist jedes Detail, buchstäblich jeder Doppelpunkt, wichtig und kann ausschlaggebend sein!

P.S.: Den Fehler habe ich natürlich sofort in der vorgesehen Kommentarfunktion auf der Datenbankplattform angemerkt. Bisher kam keine Reaktion. Der Herr Professor heißt in den Trefferlisten weiterhin Sophie… 

Und Ihre Geschichte?

Auch Ihre Familiengeschichte ist spannend!

Ich erforsche sie und finde die interessanten Stories.

Interessiert?